Sascha von http://www.elai-bloggt.de hat mich zu seiner ersten Blogparade zum Thema „irgendwie anders“ eingeladen. Diese Einladung nehme ich gerne an und beantworte die Fragen mal der Reihe nach:
Was ist anders?
Von weitem fällt zunächst der Rollstuhl ins Auge. Durch die schwache Muskulatur kann sie nicht laufen. Beim zweiten Blick fällt auch die geistige Behinderung auf: Judith steckt noch viele Dinge in den Mund, spricht nicht und reagiert teilweise anders als gleichaltrige Kinder.
Wie reagieren die anderen Kinder auf dein besonderes Kind?
Ich merke schnell, ob ein Kind im Umgang mit behinderten Kindern vertraut ist oder ob es gerade zum ersten mal ein behindertes Kind sieht. Zum Beispiel wenn es zum Kindergottesdienst geht und alle Kinder vor der Tür stehen. Die Kinder, die sie schon kennen, stehen viel dichter neben ihr. „Neue“ Kinder halten erst mal etwas Abstand und schauen.
Durch das nicht-sprechen hat Judith auch etwas Geheimnisvolles an sich. Das weckt die Neugier und meistens fragen die Kinder nach wenn sie etwas über sie wissen wollen.
Schön sind die ganz normalen Reaktionen: neulich kaute Judith wieder extrem auf ihrem „Hexichew“ herum. Ein Junge ging an ihr vorbei und meinte nur trocken: „Judith, irgendwann haste das Ding durch.“ Und ging weiter.
In der Öffentlichkeit kommt es schon häufiger vor, dass Kinder lange gucken. Wenn es meine Stimmung zulässt, spreche ich sie an; manchmal fragen sie auch ihre Eltern, zum Beispiel: Warum kann das Kind nicht laufen?
Wie verhalten sich die Eltern der Kinder und andere Erwachsene?
Viele Eltern sind verunsichert- „darf ich „behindert“ sagen!?“ Oder sie sagen: „schau das Kind nicht so an!“ Darauf sage ich: ist schon ok. Manchmal gebe ich auch die Antwort wenn die Eltern sie nicht geben können oder wollen: „sie kann nicht laufen, weil die Muskeln zu schwach sind. Und da ist so ein Rollstuhl ganz schön praktisch, oder?“ Mit dieser Antwort sind alle zufrieden, Kinder und Eltern.
Meiner Erfahrung nach ist der Umgang mit behinderten Menschen in der Großstadt selbstverständlicher als in der Kleinstadt. Man ist nicht ganz so der Exot, die Großstädtler sind unterschiedliche Menschen eher gewöhnt und es tangiert sie auch nicht so sehr, ob jemand „irgendwie anders“ ist.
Allerdings stelle ich auch fest, dass die Blicke mehr werden je älter Judith ist. Die Behinderung ist einfach offensichtlicher. Als sie noch im Rehabuggy saß, wurde sie im Vorbeigehen oft als normales Kleinkind gesehen. Die Zeiten sind vorbei- ein Rollstuhl fällt nun mal ins Auge und regt die Leute zum Nachdenken und reagieren an. Positiv und negativ.
Welche Erfahrungen hast du gemacht?
Viele 🙂 . In unserem direkten Umfeld werden wir so angenommen, wie wir sind. Klar spielt die Behinderung eine Rolle und unsere Freunde müssen auch mit Geschichten über Luftnot, Lungenentzündungen, Krankenhausaufenthalte und Verdauungsprobleme zurecht kommen. Wer das nicht kann ist eh nicht mit uns befreundet, von daher gibt es da auch keine Probleme.
Die meisten Menschen in unserem weiteren Umfeld gehen mit der Behinderung entspannt um. Wir erleben sogar oft eine unaufgeforderte Hilfsbereitschaft- der Nachbar, der die Tür aufhält oder Passanten die mir helfen, den Rollstuhl in den Kofferraum zu heben.
Natürlich gibt es auch –gerade bei den Erwachsenen- Leute, die zu lange gucken und Judith anstarren. Das ist schmerzhaft für uns weil uns diese Menschen (unbewusst) deutlich machen, dass unser Kind „irgendwie anders“ ist. Um aus so einer Situation herauszukommen sage ich oft: „hallo, kennen sie Judith?“ Es kann ja sein dass sie sie irgendwoher kennen und deshalb so gucken. Manchmal entsteht ein Gespräch, manchmal schauen die Leute dann beschämt weg.
Welchen Umgang würdest du dir mit deinem Kind wünschen?
Wenn es irgendwie geht, einen ganz normalen. Judith ist auch nur ein Mensch. In unserem direkten Umfeld klappt das sehr gut. Manchmal wünschte ich mir weniger Unbeholfenheit und mehr Natürlichkeit, dass sie einfach so genommen wird wie sie ist. „Was kann sie verstehen, versteht sie was?“ ist in Judiths Anwesenheit eine ziemlich taktlose Frage. Sie kann nämlich so ziemlich alles verstehen, vor allem doofe Fragen.