Archiv für den Monat Juni 2022

Barrierearmes Naturfreibad Bad Düben

Auf der Suche nach „machbaren“ Badeorten sind wir auf das Natursportbad Bad Düben gekommen.

Das ist ein Freibad ohne Chlor, mit zweckmäßigen Becken und vor allem: einer Rampe, die INS Wasser führt. Das hat man selten bis nie!

Barrierearme Umkleiden gibt es inzwischen ja häufiger, viele Bäder „rühmen“ sich auch mit Behindertenparkplätzen, aber dann hört es meist auch schon auf. Hier aber nicht:

Bildbeschreibung: Mutter und Kind im grünlichen Wasser. Rechts ist der Beckenrand, links eine Stange, die Rampe ist recht lang

Der Weg bis zur Rampe ist weit, aber gepflastert. Um über die Rampe ins Wasser zu kommen, muss lediglich ein kleiner Huckel überwunden werden, das ist dieser schwarze Streifen oben am Beckenrand. Dann geht es über die Rampe geschmeidig ins Wasser.

Bildbeschreibung: ein Kind im roten Badeanzug auf einer blauen Badeliege. Der untere Teil der Liege ist bereits im Wasser. Unten an der Liege ist ein Fahrgestell

Im Wasser kann man gut stehen, von dort aus gelangt man aber auch in den tieferen Schwimmerbereich bzw. In den noch flacheren Nichtschwimmerbereich. Der Nichtschwimmerbereich hat zudem im flacheren Teil Sand unten, das ist auch eine spannende haptische Geschichte 🙂

Für Kleinkinder gibt es ein Spielbecken in Stein sowie einen direkt angrenzenden großen Sandkasten. Außerdem gibt es noch eine Wellenrutsche, die aber nur für Fußgänger machbar ist.

Im Außenbereich gibt es zudem noch einige ebenerdige Duschen. im Eingangsbereich gibt es ein Häuschen, in dem das Rollstuhlfahrerklo sowie eine ebenerdige Dusche ist.

Bildbeschreibung: eine Toilette mit zwei Haltegriffen sowie ein Waschbecken. Im Hintergrund ist ein Duschvorhang

Nun ja. Was definitiv fehlt bzw. das Glück vollkommen machen würde wäre eine Liege und Ablageflächen, denn -surprise, surprise- wir haben immer ne Menge Gepäck dabei. Wohin damit? Wir stapelten kreativ auf den Rollstuhl…

Die nächste Enttäuschung lauerte hinterm Duschvorhang:

Bildbeschreibung: ebenerdige Dusche, der Duschkopf ist in die Wand eingelassen. In die Wand sind zwei große Knöpfe eingelassen

Anders als in anderen Bädern ist der Duschkopf nicht flexibel an einem Schlauch, sondern in der Wand. Immerhin ist die Dusche so breit, dass wir die Badeliege entsprechend drehen konnten, damit das Kind irgendwann überall mal Wasser hatte 😉

Die Armaturen sind in Läufer-Höhe, ich könnte mir vorstellen, dass es Schwierigkeiten bereiten könnte diese aus einem Rollstuhl zu bedienen. weiterhin wird das Wasser per sehr kräftigem Druck auf die Armatur angefordert. Man muss häufig und feste drücken. Aus einer Sitzposition heraus wird das schwierig.

Nun aber genug gemeckert! Positiv festzuhalten ist auf jeden Fall:

– Hinweise bereits auf der Homepage zur Barierefreiheit

– gelungene abwechslungsreiche Anordnung des Haupt-Beckens

– Rampe bis ins Wasser

Die Eintrittspreise sind moderat, siehe Homepage. Alles in allem also ein Besuch wert!

Symbolbasierter Taschenkalender

Transparenzhinweis: Der Kalender für diese Rezension wurde mir kostenfrei zur Verfügung gestellt.

„Pictogenda“ ist ein Kalender, der mit eingeklebten Symbolen ermöglicht, einen Überblick über seine Termine zu haben.

Bildbeschreibung: Eine hellgrüne Kalenderhülle aus einer Art Kunstleder. Darauf steht: Pictogenda. Unten steht „Metcom Symbole zur Kommunikation“. Im unteren Drittel sind vier Pictogramme

Die Pictogenda ist ideal:
– wenn lesen schwerfällt
– eine zeitliche Orientierung vorhanden ist oder angebahnt wird (auch für Rück- und Ausblicke)
– für Menschen, die ihre Termine selbstbestimmt verstehen oder managen wollen

Der Kalender ist von der Größe her ein guter Kompromiss zwischen „kann man noch gut mitnehmen“ und „Symbole sind so groß, dass man sie gut erkennt“.

Bildbeschreibung: EIne Spalte im Kalender. Oben steht „Mo 23“ und ein Mondsymbol, gelb hinterlegt. In die Spalte sind verschiedene viereckige Symbole geklebt: Krankenhaus, lange geschlafen, Spaziergang, Park.

Möglich wird das mit diesem Kalender, in den man nichts schreiben muss, sondern der mit zahlreichen Symbolstickern mit Leben gefüllt wird.
Die Pictogenda gibt es in zwei Versionen: entweder Metacom-basiert oder mit schwarz-weiß-Symbolen. Je nach Bedarf des Nutzers kann so ein Symbolsystem gewählt werden.

Der Kalender kommt mit umfangreichem Begleitmaterial:
– kleines Adressbuch
– allgemeine Jahresübersicht
– Einleger mit vielen hilfreichen Tipps zum Umgang mit dem Kalender
– Notizseiten
– Einstecklaschen vorne und hinten
– Aufklebersammlung
– Lesezeichen (welches ich jedoch abgeschnitten habe, weil man mit inneliegendem Lesezeichenbändchen nicht gut vorwärts blättern kann
– eine Plastikschutzhülle, um kleine Papiere/Aufkleber zu sammeln
– optional gibt es auch eine Version mit AnyBook-Audiostift, denn die Metacom-Version hat standardmäßig integrierte Codes für den AnyBook-Reader. Somit können einzelne Ereignisse zusätzlich noch mit einer Audioaufnahme hinterlegt werden.

Bildbeschreibung: aufgeklappter Kalender. Jeder Tag hat eine Spalte. Die Tage sind farblich gekennzeichnet, zusätzlich hat jeder Tag ein Symbol. Die Tage sind mit Linien in drei gleiche Abschnitte unterteilt

Jede Doppelseite bildet eine Woche ab. Je eine Spalte ist ein Tag, dieser wird durch Linien in drei Teile untergliedert. Durch Einkleben eines Symbols kann man einen Termin oder ein Erlebnis sichtbar machen. Die beigelegte Symbolsammlung ist ziemlich umfangreich und vielfältig.

Bildbeschreibung: in den Kalender eingeheftete Stickerseite mit zahlreichen Symbolen, z.B. Schule, Schulfrei, reden, Physiotherapie,…
Bildbeschreibung: eine leere Klarsichthülle in den Kalender geheftet.

Möchte man individuelle Symbole, Fotos von Personen, Ereignissen oder Orten hinzufügen, kann man zusätzlich bedruckbare Blanko-Aufkleber bestellen. Über das kostenfrei downloadbare Programm Picto Selector kann man sich so weitere, eigene Aufkleber erstellen. Die Homepage von Pictoselector wirkt auf den ersten Blick etwas unübersichtlich, mit etwas Übung und nach Ansehen einiger Erklärvideos jedoch kann man die Gestaltung schnell erlernen. So kann man neue Symbole entweder aus der integrierten (super umfangreichen!) Symbolsammlung auswählen, Symbole aus einer eigenen Metacom-Sammlung einfügen oder auch Fotos/jpegs einbinden. Mithilfe eines externen Bildbearbeitungsprogramm kann man die Bilder zusätzlich bei Bedarf vorher bearbeiten. Selbstgestaltete Aufkleber haben bei uns farbige Hintergründe, so dass Judith sie thematisch schneller zuordnen kann: Alltagsverrichtungen wie duschen, spazieren gehen oder Stehtrainer haben einen blauen Hintergrund, kritische Ereignisse wie ein Krampfanfall oder Fieber sind signalrot hinterlegt.
Es ist zu Anfang etwas tricky, aber tatsächlich findet man schnell hinein. Auch das beigelegte Infoblatt für die Blanko-Aufkleber ist auf jeden Fall lesenswert, so gelingt das Ausdrucken!
In dem Programm ist das Layout der Aufkleberbögen hinterlegt, so dass man sich diese dann passgenau ausdrucken kann. Etwas unpraktisch ist dann die Unterbringung dieser DIN A4-Bögen in dem Kalender, der etwas größer als DIN A5 ist. Ich habe mir angewöhnt, die Symbole reihenweise auszudrucken, also immer 7, 14 oder 21 Stück und sie dann in Streifen auseinander zu schneiden.

In Judiths Pictogenda gibt es dann folgende individuelle Sortierung:
> In der Einstecklasche vorne sind alle gängigen Ereignisse.
> Im Ringbuch steckt als erstes eine Plastikhülle, in der alle Symbole zu medizinischen/pflegerischen Dingen und Stimmungen sind.
> In der Mitte sind die von Pictogenda mitgeschickten Aufkleber sowie eine weitere Plastikhülle mit Nachschub häufig benutzter Symbole.
> In der Einstecklasche hinten sind Fotoaufkleber von Personen, z.B. alle Pflegekräfte. Sie kleben sich ein, so dass Judith immer weiß, wer zum Dienst kommt. Mit Pflegekräften, die sich nicht mit Foto abbilden wollten, haben wir aus der Metacom-Personen-Symbolsammlung ein ähnliches Bild rausgesucht und dieses individuell weiter angepasst.

Da wirklich viele Menschen den Kalender mit Judith nutzen, habe ich einen kurzen Begleittext auf die allererste Seite geschrieben.

Weiterhin habe ich eine Musterseite erstellt und erläutert, wie die Aufkleber anzuordnen sind. Es soll für sie einigermaßen einheitlich bleiben. Zum Beispiel kleben wir die Tagesstimmung grundsätzlich immer ins untere Drittel. Ereignisse, die den ganzen Tag sind, wie Geburtstage oder Aufenthalte an anderen Orten, kleben grundsätzlich ganz oben.

Bildbeschreibung: eine Musterseite für den Kalender. Die Tagesspalte ist in Abschnitte unterteilt und daneben steht handschriftlich, was wohin geklebt werden soll

Aufkleber werden mit ihr zusammen eingeklebt. Am Ende des Tages schauen wir uns alles noch mal an: Was war heute? Was haben wir erlebt? Was ist morgen, was findet in ein paar Tagen statt?
Sie bekommt so einen wirklich guten Überblick über ihre Aktivitäten und Termine, ist gut eingebunden, kann Ereignissen besser nachspüren und hat eine noch bessere zeitliche Orientierung. Um den aktuellen Tag zu kennzeichnen, gibt es eine kleine rote Klammer, die wir jeden Tag weiter stellen. Eine Büroklammer oder ähnliches wäre sicher auch eine gute Lösung.

Einige Tipps aus dem beigelegten Flyer wenden wir an: So decke ich beim gemeinsamen Ansehen nicht relevante Tage mit einem weißen Blatt ab. Auch wird der Kalender durch die vielen Aufkleber bald ziemlich dick. Man kann lange vergangenes oder auch spätere Monate ausheften.

Bildbeschreibung: viereckiger Karton mit Schleife drauf. Daneben eine Hülle, darin bedruckbare Blankoaufkleber, auf dem Deckblatt stehen in verschiedenen Sprachen Tipps

Fazit:
Der Kalender ist durch seinen durchdachten Aufbau sehr alltagstauglich. Man kommt nicht umhin, zusätzlich zu den vielen mitgelieferten Aufklebern eigene zu erstellen, da jeder Mensch einen anderen Alltag hat oder sich manche Dinge öfter wiederholen als es mitgelieferte Sticker gibt.

Das Einkleben ist nicht nur für Kinder toll. Auch uns Erwachsenen macht es Spaß, den Alltag so zu strukturieren und das passende Symbol rauszusuchen ;-).

Er ist eine gute Möglichkeit für Menschen, die nicht lesen können, aber einen Überblick über ihre Termine haben wollen. Gerade für Kinder, die nicht sprechen, aber mit ihren Bezugspersonen den Alltag strukturieren bzw. reflektieren wollen, kann Pictogenda ein tolles Medium sein.

Der Kalender erfordert die Mithilfe einer Person, die stets für Aufkleber-Nachschub sorgt und Ideen hat, wie Termine und Ereignisse visualisiert werden können. Nach Einarbeitung in den Picto Selector sind neue Sticker schnell erstellt.

Wir lieben diesen Kalender über alles, da er unserer Tochter die Möglichkeit bietet, ihren Alltag gut nachzuvollziehen. Sie wird in die Terminplanung mit einbezogen. Auch der Aspekt der Würde ist nicht zu vernachlässigen: es ist ein Unterschied, ob Termine einfach über den Kopf hinweg vereinbart werden, man nicht weiß welcher Tag heute ist und irgendwo „zwischen Zeit und Raum“ schwebt.
Oder ob der betreffende Mensch einen eigenen Kalender hat, informiert ist und aktiv in die Planung involviert ist. Pictogenda ist aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken!