Archiv für den Monat März 2019

DIY: Sensor-Binde

Der Sensor vom Überwachungs-Monitor (für die Sauerstoffsättigung und die Herzfrequenz) muss irgendwie am Kind befestigt werden. Die mitgelieferten Pflasterstreifen halten nicht lange, Klebebinden produzieren Müll und Judiths Haut reagiert darauf. Also nähte ich ihr selber Fixierungs-Binden:

Ihr braucht zum nähen:

„elastische (Sport-)Binde“ aus der Apotheke sowie einen flachen Schnürsenkel. Ich nähe die Binden so, dass sie zwei Mal um den Fuß/die Hand/ den Finger gewickelt werden können. Anstelle des Schnürsenkels könnte man auch eine Gummischlaufe oder die meist mitgelieferte „Kralle“ annähen.

Warum dieser Blog „bewegtes Leben“ heisst

Achtung, lang.

„Anne, Du erlebst in einer Woche mehr, als ich im ganzen Jahr!“

sagte mal eine Freundin, und dieser Monat bestätigt das mal wieder.

Beispielhaft nehme ich Euch mal mit zu den Höhen und Tiefen im März 2019.

Ich fange mit dem jüngsten Ereignis an: Anne und Uli, die Herausgeber von 22monate.de, haben mich für den BLOGFAMILIA AWARD 2019 nominiert. Derjenige Blog bekommt einen Award, der am häufigsten per email vorgeschlagen wird. Ich habe die Verleihungen der letzten Jahre verfolgt und fühle mich geehrt, dass ich überhaupt vorgeschlagen wurde.

Noch eine Ehre kam mir bei der „Fachtagung Spiel“ der Stiftung Leben pur zuteil. Hier durfte ich in München einen Vortrag halten: Spiel im Alltag eines Kindes mit Komplexer Beeinträchtigung“. Inhalte des Vortrages werde ich hier bei passender Gelegenheit sicherlich hier auch mal aufschreiben. Diese Woche fahren wir nach Hamburg, hier findet die Tagung noch mal statt. Judith ist in dieser Zeit im Kinderhospiz.

Die Rolliversorgung geht in eine neue Runde. Schon Ende 2017 (kein Druckfehler…) war Judiths Rollstuhl zu klein. Nach einer längeren Abstimmungs- und Findungsphase wurde im Mai 2018 ein neuer beantragt. Im November 2018 wurde er ausgeliefert. Leider war die Sitzschale mittlerweile zu klein, und um sie zu vergrößern, bräuchte man größere Umbauten am Rollstuhl bzw. eigentlich gleich ein neues Sitzschalenuntergestell.. Nach diversen Telefonaten im Januar war klar: alles von vorne… Ja, so habe ich auch geguckt. Nun ist März, die Rezepte sind unterwegs und wir warten mehr oder weniger geduldig, dass Judith endlich endlich mal wieder vernünftig sitzen kann. Sie ist auf den Rollstuhl zwingend angewiesen. Welche Laune man so hat wenn man seit fast 1 1/2 Jahren nicht mehr vernünftig sitzen konnte, könnt Ihr Euch ungefähr ausmalen…

Dann hat uns der Pflegekräftemangel diesen Monat eiskalt erwischt. Eine halbe Stelle in Judiths Intensivpflegeteam war eh vakant. Zusätzlich sind dann diesen Monat zwei der drei noch verbliebenen Schwestern länger erkrankt. Havarie, sag ich Euch. Mein Mann und ich decken all das ab, was offen ist: Nächte genau so wie Tage. Neben unser Arbeit ist das ein Spagat, der uns zerreisst. Lange halten wir das nicht durch; es gibt einige Lösungsansätze, möge einer hoffentlich bald greifen.

In dieser Woche bekam Judith schon einmal die Folgen des Chaoses zu spüren:

Am Abendbrottisch angelte sie sich einen verpackten Babybel-Käse. Ich musste noch was aus dem Kinderzimmer holen und als ich wiederkam, war der Käse verschluckt.

Die unruhige Nacht mit Atemproblemen und zusätzlichem Sauerstoffbedarf (ich hatte passenderweise „Nachtdienst“) deutete darauf hin dass der Käse noch nicht im Magen angekommen war. Als ich am nächsten Morgen den Cough Assist durchführte (ein Gerät das Sekret lockert und das Abhusten erleichtert), wirkte Judith noch etwas gräulicher um dann wenig später auf etwas herumzukauen… dem heiß gesuchtem Käse!!! Ich fischte ihn aus dem Mund, Judith seufzte tief und ich auch… Meine Nerven, sag ich Euch. Wir haben in all den Jahren schon so viele Verschluckungsunfälle gehabt: mehrere verschluckte und wieder ausgekotzte Pflaster, sogar mal eine Haarspange (ja, echt jetzt). Kastanien, Walnüsse und Steine konnten wir immer noch rechtzeitig wieder rausangeln. Möge sie es irgendwann verstehen dass sie nicht alles in den Mund stecken darf. Wir passen zwar sehr gut auf, aber gerade in so stressigen Zeiten passieren eben doch Unfälle.

Dafür hat Judith wieder gelernt zu trinken. Nach einer schweren Krankheit hat sie Anfang 2018 das Trinken aus dem Strohhalm eingestellt. Ich hatte den Eindruck, sie hat es verlernt bzw. reichte die Kraft nicht. Ein konsultierter Arzt empfahl, das trinken logopädisch zu üben, aber wenn es nach einem halben Jahr keinen Erfolg hätte, müssten wir uns damit abfinden… So kam Frau B. ins Haus und ins Leben, eine super tolle Logopädin. Unermüdlich übte sie mit Judith und vermeldete jeden noch so kleinen Erfolg mit großer Freude. Die beiden sind ein super Team, das halbe Jahr war lange vorbei, es tat sich nichts. Frau B. war gut und blieb. Sie machte beharrlich weiter, übte mit Strohhalmen und diversen Trinkgefäßen. Null Erfolg. Letzten Monat fragte sie vorsichtig, ob sie es mal mit einem echten Flaschensauger probieren könne… Nach etwas suchen fanden wir einen ausreichend grossen. Und das unglaubliche passierte: hieraus kann Judith nennenswerte Mengen trinken! Es ist schon etwas schräg: unser elfjähriges Kind trinkt aus einem Babysauger ketogene Softdrinks (ich sag nur Coke zero koffeinfrei!)…

Neben diesem unerwarteten Highlight gab es auch eine sehr sehr traurige Nachricht: Mayzie, Judiths sog. „Syndromzwilling“ aus Arizona, ist in diesem Monat im Alter von sechs Jahren verstorben. Sie war um einiges schwerer betroffen. Die beiden Mädchen ähneln sich unheimlich, im Charakter, im Aussehen, von der Entwicklung her. Mayzies Tod hat mich sehr mitgenommen, in besonderer Weise berührt er mich. Wir sind Familie H. sehr verbunden, über all die Kilometer hinweg haben wir uns stetig ausgetauscht und konnten gegenseitig sehr von den Erfahrungen profitieren. Meine Gedanken gehen immer wieder nach Amerika in Gedenken an ein sehr besonderes Mädchen.

So sah er also aus bis jetzt, unser März. Ihr ahnt also, warum der Blog „bewegtes Leben“ heißt…

P.S: seit einiger Zeit findet Ihr „das bewegte Leben“ auch bei Twitter.

Inhalt von Quetschbeutel in Enfit-Spritze füllen

Eine zufällige Alltags-Entdeckung:

Man kann den Bolus-Adapter auf jedes Quetschbeutel-Gewinde schrauben! Mit Quetschbeuteln zum selber-befüllen ergibt das eine gute Möglichkeit für unterwegs, wenn man wenig Platz hat und nicht noch sperrige Flaschen oder Container mit sich führen will. Oder wenn das Kind das Obstmus doch nicht aufessen mag. Oder oder oder…

Und natürlich könnte man auch mit einem Drehdeckel eines Quetschbeutels den Deckel der Sondennahrung verschliessen…

Du weisst, daß Du ein besonderes Kind hast, wenn… Teil 24

… wenn Du eigene Worte für den Pflegealltag hast:

Nahrungspumpe= „Füttermaschine“

Irrigationsgerät zum abführen= „Kackmaschine“

Sauerstoffkonzentrator= „Rumpelkiste“

Urin mit weissen Flocken drin= „Schäfchenurin“

Ankündigen dass jemand dem Kind ein Antibiotikum gibt= „gleich kommt der Antibiotiker“

Wenn es schnell gehen muss und das Kind von zwei Menschen mit vier Händen gleichzeitig angezogen wird= „Boxenstopp“

Magensonde= „geheime Superkraft (Essen, ohne den Mund zu öffnen)“

Bindehautentzündung= „Matschauge“

So. Und welche Spezialbezeichnungen habt Ihr so?